Der Arbeitnehmerschutz sorgt dafür, dass die Mitarbeitenden im Konfliktfall nicht in einer schlechteren Position dastehen.
Anrufe nach Feierabend, ein Projekt, das kurzfristig rein kommt und Überstunden erfordert, im Urlaub krank werden, Aufgaben übernehmen, die nicht in den eigenen Zuständigkeitsbereich fallen oder eine Abmahnung, weil das Kind schon wieder krank ist. Als Arbeitsnehmer ist man häufig mit Situationen konfrontiert, in denen man sich fragt: darf mein Chef das überhaupt?
Arbeitsvertrag und Arbeitsrecht
Erst einmal kann man grundsätzlich festhalten, dass es gewissen Regeln, Rechte und Gesetze gibt, an die sich sowohl Arbeitnehmer, als auch Arbeitgeber halten müssen. Das fängt an mit dem Direktionsrecht, geht über den Arbeitsvertrag und Betriebsvereinbarungen hin zu Tarifverträgen und Gesetzen und endet schließlich beim Grundgesetz und EU-Recht.
Spricht man von Arbeitsrecht, fließen viele verschiedene Gesetze aus unterschiedlichen Bereichen dort hinein, beispielsweise ganz klassisch das Bürgerliche Gesetzbuch, das Arbeitsschutzgesetz oder das Mindestlohngesetz. Im Fokus steht bei den Regelungen meist der Arbeitnehmerschutz, denn oft sind sie es, die in einer deutlich schlechteren Position dastehen. Sie sind auf die Arbeit und das Gehalt angewiesen. Daher wird darauf geachtet, dass Mitarbeiter nicht ausgenutzt oder benachteiligt werden.
Ist man sich seiner Rechte unsicher, hilft ein erster Blick in den Arbeitsvertrag. Dort sind die Arbeitszeit, der Arbeitsort und andere Formalitäten geregelt. Alles, was dort vereinbart ist, dürfen Arbeitnehmer auch einfordern.
Überstunden: ja oder nein?
Die tägliche Regelarbeitszeit beträgt maximal 8 Stunden. Über einen definierten Zeitraum kann sie auch auf maximal 10 Stunden pro Tag angehoben werden, jedoch muss über einen Zeitraum von 6 Monaten die durchschnittliche Arbeitszeit von 8 Stunden täglich wieder hergestellt werden; das heißt, dass man an anderen Tagen dafür weniger lange arbeiten muss, um einen Ausgleich zu schaffen. In der Praxis sieht das aber leider anders aus. Im Jahr 2021 haben laut Statistischem Bundesamt 8,8% der Vollerwerbstätigen für gewöhnlich mehr als 48 Stunden pro Woche gearbeitet.
Das zeigt, dass es für viele Firmen und Arbeitnehmer mittlerweile an der Tagesordnung ist, dass Überstunden gemacht werden. Gibt es im Arbeitsvertrag keine konkrete Regelung zu dem Thema, ist man aber nicht verpflichtet, Überstunden zu leisten. Ebenso verhält es sich auch mit Anrufen außerhalb der Arbeitszeit. Nur im Fall von Gefahren und Katastrophen oder Bereitschaftsdienst muss man auch nach Feierabend erreichbar sein, beziehungsweise nach Feierabend weiter mit anpacken.
Sommer, Sonne, Stress – die Sache mit dem Urlaubsantrag
Als Arbeitnehmer hat man einen gesetzlich geregelten Anspruch auf bezahlten Urlaub. Die Anzahl der Urlaubstage kann variieren, ist aber immer mindestens 4 Wochen. Im Arbeitsvertrag ist geregelt, wie viele Tage ein Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub hat und der darf auch nicht willkürlich gekürzt werden. Auch folgendes ist noch wichtig:
- Ein Urlaubsantrag darf nicht ohne gravierende Gründe abgelehnt werden
- Bei der Urlaubsplanung mit den Kollegen absprechen, damit der Betrieb weiter aufrecht erhalten bleibt
- Eltern bekommen während der Ferien oft den Vorzug in Sachen Urlaub vor kinderlosen Mitarbeitern
- Einmal jährlich hat man das Recht auf mindestens 12 zusammenhängende Urlaubstage, um die Erholung vom Arbeitsalltag zu gewährleisten
- Es ist unzulässig, immer nur einzelne Urlaubstage zu genehmigen
- Krank im Urlaub? Die Tage gibt’s zurück, wenn man den Arbeitgeber umgehend informiert und ein Attest vom Arzt bringt
Sonderfall: Kinderkrankentage
Alle Eltern unter den Arbeitnehmern werden damit auf jeden Fall konfrontiert werden: das Kind ist krank und kann nicht zur Kita oder Schule. Keine Sorge, es muss nicht direkt ein Urlaubstag verwendet werden, damit man sich um den Nachwuchs kümmern kann. Arbeitnehmern stehen bei kranken Kindern unter 12 Jahren pro Elternteil bis zu 10 freie Arbeitstage zur Verfügung, für Alleinerziehende sind es 20 Tage. Aber: man braucht eine Bescheinigung vom Arzt und es darf niemand sonst im Haushalt leben, der sich um das kranke Kind kümmern kann.
Ein krankes Kind ist per se kein Grund für eine Abmahnung
Kaffeekochen als Fachkraft? Nein danke
Im Arbeitsvertrag ist genau geregelt, welche Aufgaben man zu übernehmen hat. Manchmal kann es aber dazu kommen, dass man noch andere Aufgaben, die anfallen, übernehmen muss. Normalerweise wird das dadurch geregelt, dass der Arbeitgeber ein Weisungsrecht besitzt und die Aufgaben verteilen kann.
Doch auch das hat seine Grenzen, beispielsweise wenn es um illegale Geschäfte geht oder eine Gefahr für Leib und Leben bedeuten würde. Auch Aufgaben, die absolut nichts mit der eigentlichen Tätigkeit zu tun haben oder einer mehrstufigen Degradierung gleichkommen, kann man ablehnen, wenn es sich um einen Dauerzustand handeln würde.
„Ich bin der Chef! Ich habe immer Recht!“
Ganz so einfach ist es als Chef nicht und als Arbeitnehmer muss man auch nicht alles hinnehmen. Spricht man persönliche Konflikte oder Missstände an und stößt dabei auf taube Ohren, kann man sich in gravierenden Fällen, in denen es beispielsweise um ein Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses oder um die Verletzung des Arbeitsrechts geht, auch juristischen Beistand holen. Bei einer Rechtsschutzversicherung ist auch der Arbeits-Rechtschutz mit abgesichert. Dieser umfasst die Streitigkeiten rund um eine Kündigung, fehlerhafte oder auch fehlende Arbeitszeugnisse, wenn der Lohn nicht ausgezahlt wird oder wenn es um die Betriebsrente geht.
Im Zweifel kann man sich juristische Hilfe suchen, wenn man vor einem arbeitsrechtlichen Problem steht
Auch wenn man als Arbeitnehmer denkt, der Chef sitzt ohnehin am längeren Hebel: dem ist nicht so. Man muss sich nur ein wenig ins Arbeitsrecht einlesen und schon weiß man, was einem als Arbeitnehmer zusteht und wobei man dem Chef getrost eine Absage erteilen darf. Chef sein ist aber auch nicht immer leicht und will gelernt sein! Wenn beide Seiten aber ein wenig Rücksicht, Verständnis und einen Blick aufs Arbeitsrecht werfen, steht einem guten Arbeitsverhältnis nichts im Weg.
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