6,5 % weniger Studienanfängerinnen und -anfänger in MINT-Fächern im Studienjahr 2021

Wiesbaden (ots) -

- Höchststand: Knapp 35 % der MINT-Studienanfänger/-innen im 1. Fachsemester waren 2021 Frauen

- EU-weit Spitze: 36 % aller Bachelor- und gleichwertiger Abschlüsse in Deutschland entfallen auf ein MINT-Fach

Wenn über den Fachkräftemangel diskutiert wird, stehen häufig die so genannten MINT-Berufsgruppen im Blick: Fachleute im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik werden dringend gesucht. Allerdings ist die Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger in diesen Fächern deutlich gesunken. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, wählten im Studienjahr 2021 rund 307 000 Studierende im ersten Fachsemester ein MINT-Fach. Das waren 6,5 % weniger als im Vorjahr. Dieser Rückgang hängt teilweise damit zusammen, dass die Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger insgesamt seit 2019 rückläufig ist: 2021 lag sie um 4 % niedriger als im Vorjahr. Parallel dazu hat sich in Deutschland die Zahl der 17- bis 22-Jährigen verringert. Zusätzlich ging infolge der Corona-Pandemie die Zahl ausländischer Studienanfängerinnen und Studienanfänger zurück, die zum Studium nach Deutschland kamen. Gleichzeitig sinkt jedoch auch der Anteil derjenigen, die sich im 1. Fachsemester für MINT-Fächer entscheiden: 2021 lag er bei 37,7 %. Im Jahr 2015 hatte er noch 40,5 % betragen - das war der bisherige Höchststand.

Frauenanteil unter Studienanfängern im MINT-Bereich mit 34,5 % auf Höchststand

Frauen entscheiden sich nach wie vor seltener für ein Studium von MINT-Fächern als Männer. Über die Jahre ist der Frauenanteil unter den Studienanfängerinnen und Studienanfängern im MINT-Bereich allerdings gestiegen: Lag er 2001 noch bei 30,8 %, so betrug er 2021 bereits 34,5 %. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den verschiedenen MINT-Fächern: Am höchsten war der Frauenanteil 2021 in Innenarchitektur (88,2 %), am niedrigsten in Stahlbau (2,2 %). In Informatik lag der Frauenanteil unter den Studienanfängerinnen und Studienanfängern bei 21,8 %.

Insgesamt beginnen mehr Frauen als Männer ein Studium: So lag der Frauenanteil unter allen Studierenden im 1. Hochschulsemester im Studienjahr 2021 bei 52,4%.

Zahl der Studierenden in MINT-Fächern erstmals gesunken

Der Rückgang bei den Studienanfängerinnen und Studienanfängern schlägt sich auch in der Zahl aller Studierenden nieder: So ist die Zahl der Studierenden in MINT-Fächern im Wintersemester 2021/22 erstmals seit 2007 gesunken. Mit 1 090 800 Studierenden lag sie 2021 um 1,0 % niedriger als im Wintersemester 2020/21, als sie mit 1 101 900 Studierenden den bisherigen Höhepunkt erreicht hatte. Die Zahl der Studierenden aller Fächer zusammen ist im Wintersemester 2021/22 gegenüber dem vorherigen Wintersemester um knapp 0,1 % gestiegen.

EU-weit Spitze: 36 % aller Bachelor- und gleichwertigen Abschlüsse in Deutschland entfallen auf ein MINT-Fach

Hinsichtlich der Abschlüsse im MINT-Bereich steht Deutschland im EU-Vergleich sehr gut da: Nach Angaben der EU-Statistikbehörde Eurostat entfielen 36 % aller Bachelor- und gleichwertigen Abschlüsse und 35 % aller Master- und gleichwertigen Abschlüsse im Jahr 2020 auf ein MINT-Fach. Das war jeweils der höchste Anteil in der EU. Beim Frauenanteil unter den Absolventinnen und Absolventen in MINT-Fächern war Deutschland allerdings Schlusslicht: 22 % der Bachelor- und gleichwertigen Abschlüsse wurden 2020 von Frauen gemacht, das war EU-weit der niedrigste Anteil. Den höchsten Frauenanteil bei entsprechenden Abschlüssen in MINT-Fächern wiesen Griechenland und Schweden mit jeweils 41 % auf. Von den Master- und gleichwertigen Abschlüssen im MINT-Bereich entfielen hierzulande 34 % auf Frauen; niedriger war der Anteil nur in Belgien (31 %) und Österreich (32 %). Anteilig die meisten Frauen mit entsprechendem Abschluss in einem MINT-Fach gab es in Rumänien (49 %) und Polen (46 %).

61 % mehr Auszubildende im Beruf Fachinformatiker und Fachinformatikerin als vor zehn Jahren

Nicht nur ein Studium, auch eine Berufsausbildung kann zu einer Tätigkeit im MINT-Bereich qualifizieren. Eine deutliche Zunahme hat beispielsweise die Ausbildung zum Fachinformatiker und zur Fachinformatikerin zu verzeichnen. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in diesem Beruf ist von 9 800 im Jahr 2011 auf 15 800 im Jahr 2021 gestiegen. Damit gehört er zu den am stärksten besetzten Ausbildungsberufen unter den Neuabschlüssen. Insgesamt lag er 2021 auf Rang 6, bei Männern auf Rang 2, bei Frauen auf Rang 26. Der Frauenanteil ist dabei in den vergangenen zehn Jahren um gut 2 Prozentpunkte gestiegen: von 6,5 % im Jahr 2011 auf 8,8 % im Jahr 2021.

Unternehmen beklagen "fehlende Bewerbungen"

Wer Informatik studiert oder eine IT-Ausbildung abgeschlossen hat, hat derzeit gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt: Im Jahr 2022 beschäftigten gut ein Fünftel (22 %) der Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten eigene IT-Fachkräfte. Mehr als jedes zehnte (11 %) Unternehmen dieser Größe hatte im Jahr 2021 Stellen für IT-Fachkräfte ausgeschrieben - doch für mehr als drei Viertel (77 %) dieser Unternehmen gestaltete sich die Suche nach Mitarbeitenden schwierig. Dabei hakte es nicht nur an mangelnder Qualifikation oder zu hohen Gehaltsvorstellungen der Bewerberinnen und Bewerber: Häufig meldeten sich keine oder zu wenige Interessentinnen und Interessenten auf die Ausschreibungen. So nannten 88 % der betroffenen Unternehmen "fehlende Bewerbungen" als Schwierigkeit bei der Stellenbesetzung - 5 Prozentpunkte mehr als 2019.

Methodische Hinweise:

Die Ergebnisse zu Studierenden und Prüfungen an Hochschulen in Deutschland entstammen der amtlichen Hochschulstatistik. Um auch Fachwechsel zu erfassen, wurden hier überwiegend die Zahlen der Studierenden im 1. Fachsemester verwendet. Diese Zahlen sind deutlich höher als die der Anfänger und Anfängerinnen im 1. Hochschulsemester, die häufig in anderen Publikationen auftauchen.

Studienjahre für die Studienanfänger setzen sich zusammen aus dem jeweiligen Sommersemester und dem folgenden Wintersemester (SJ 2015 = SS 2015 + WS 2015/2016).

Die Ergebnisse zu den Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung stammen aus der jährlichen Erhebung zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in Unternehmen. Darunter werden hier die kleinsten rechtlich selbstständigen, wirtschaftlich tätigen Einheiten verstanden, die Bücher führen und den Ertrag ermitteln. Diese Erhebung wurde mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union durchgeführt.

Die Eurostat-Daten basieren auf der internationalen Abgrenzung nach ISCED 2011. Dadurch ergeben sich Abweichungen zur Hochschulstatistik. So sind in ISCED 6 "Bachelor oder gleichwertiger Abschluss" auch berufsorientierte Bildungsgänge wie Meister/-in (ISCED 655) enthalten. Bei "Master oder gleichwertigen Abschlüssen" (ISCED 7) sind auch das Diplom an Universitäten (ISCED 746) und zweite Diplom- bzw. Masterstudiengänge enthalten (ISCED 748).

Weitere Informationen:

Weitere Daten zu den MINT-Abschlüssen im EU-Vergleich finden Sie auf Europa in Zahlen.

Ausführliche Ergebnisse der Erhebung zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien in Unternehmen sind in der Datenbank GENESIS-Online in den Tabellen 52911 verfügbar.

Weitere Ergebnisse zu Studierenden und Prüfungen an Hochschulen in Deutschland sind auf der Themenseite "Hochschulen" im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes sowie über die Datenbank Genesis-Online in den Tabellen 21311 und 21321 abrufbar.

Einen Gesamtüberblick über die Bildungssituation in Deutschland von der Schule über die Berufsbildung bis zur Hochschule bietet die Themenseite "Bildungsindikatoren" im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes.

Über die Ursachen und Hintergründe des Fachkräftemangels in Deutschland sprechen wir auch in der aktuellen Folge unserer Podcasts "StatGespräch". Darin erklären wir unter anderem, wie sich der demografische Wandel auswirkt und inwieweit bestimmte Berufsgruppen davon besonders betroffen sind.

Diese Pressemitteilung ist, gegebenenfalls ergänzt mit weiteren Informationen und Verlinkungen zum Thema, veröffentlicht unter www.destatis.de/pressemitteilungen.

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